Probiotische Therapie bei Depressionen – Stand der Forschung

Depressionen gehören weltweit zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. Trotz vielfältiger therapeutischer Ansätze sprechen viele Betroffene nur unzureichend auf klassische Behandlungen wie Psychotherapie oder Antidepressiva an. In den letzten Jahren rückt ein neuer Forschungszweig in den Fokus: die Rolle des Mikrobioms bei seelischer Gesundheit. Immer mehr Studien deuten darauf hin, dass bestimmte Bakterien im Darm Einfluss auf Stimmung und kognitive Funktionen nehmen können – und dass probiotische Therapien eine unterstützende Wirkung bei Depressionen entfalten könnten.

Darm-Hirn-Achse: Die Verbindung zwischen Bauch und Psyche
Der Darm kommuniziert über die sogenannte Darm-Hirn-Achse mit dem zentralen Nervensystem. Dabei spielen Nerven (v. a. Nervus vagus), Immunzellen und hormonähnliche Botenstoffe eine Rolle. Etwa 90 % des körpereigenen Serotonins – eines stimmungsregulierenden Neurotransmitters – werden im Darm produziert. Das Darmmikrobiom beeinflusst direkt die Produktion von Serotonin, Dopamin und GABA – Botenstoffe, die bei Depressionen häufig aus dem Gleichgewicht geraten (Dinan & Cryan, 2017).

Was sind Psychobiotika?
Als Psychobiotika werden probiotische Mikroorganismen bezeichnet, die nachweislich positive Effekte auf die psychische Gesundheit haben. Dazu zählen insbesondere bestimmte Stämme aus den Gattungen Lactobacillus und Bifidobacterium – etwa L. helveticus R0052 oder B. longum R0175. Diese Bakterien können laut Studien das Stressniveau senken, die Schlafqualität verbessern und depressive Symptome lindern (Messaoudi et al., 2011).

Studienlage: Was ist wissenschaftlich belegt?
Die Forschung zur probiotischen Behandlung von Depressionen ist noch jung, liefert aber vielversprechende Ergebnisse:

Eine Meta-Analyse von Huang et al. (2016) mit über 1300 Teilnehmer:innen zeigte, dass probiotische Supplemente signifikant depressive Symptome reduzierten – besonders in Kombination mit einer gesunden Ernährung.

In einer doppelblinden Studie von Steenbergen et al. (2015) berichteten gesunde Proband:innen mit depressiver Verstimmung nach vier Wochen Einnahme eines probiotischen Kombipräparats über eine verbesserte Stimmung und weniger negative Gedankenmuster.

Kazemi et al. (2019) stellten in einer randomisierten Studie mit Patienten mit Major Depression fest, dass Probiotika zusätzlich zur Standardtherapie zu einer stärkeren Symptomverbesserung führten als Placebo.

Trotz dieser positiven Daten ist die Studienlage heterogen: Unterschiedliche Stämme, Dosierungen und Studiendesigns erschweren eine eindeutige Bewertung. Viele Studien haben eine geringe Teilnehmerzahl oder wurden nur an gesunden Personen durchgeführt. Weitere, größere Studien sind notwendig, um eine standardisierte probiotische Therapie bei Depressionen zu etablieren.

Mögliche Wirkmechanismen
Psychobiotika können auf mehreren Wegen wirken:

Modulation von Neurotransmittern: Förderung der Serotonin- und GABA-Produktion im Darm

Reduktion von Entzündungen: Chronische, niedriggradige Entzündungen stehen mit Depressionen in Verbindung – bestimmte Bakterien wirken entzündungshemmend

Stabilisierung der HPA-Achse: Die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse (Stressachse) wird durch ein gesundes Mikrobiom reguliert, was zu einer besseren Stressverarbeitung führt

Praktische Relevanz und Grenzen
Probiotika sind kein Ersatz für eine ärztlich begleitete Therapie, können aber eine sinnvolle Ergänzung sein – besonders bei leichter bis mittelschwerer Depression oder begleitend zu psychotherapeutischen Maßnahmen. Wichtig ist die Auswahl wirksamer Bakterienstämme in ausreichend hoher Dosierung. Präparate wie Puragut, die mehrere bewährte Stämme enthalten, könnten hier unterstützend wirken – vor allem dann, wenn bereits Hinweise auf ein Ungleichgewicht im Darmmikrobiom (Dysbiose) vorliegen.

Fazit
Die probiotische Therapie bei Depressionen ist ein vielversprechender Forschungsansatz. Erste Studien zeigen positive Effekte auf Stimmung, Stressverarbeitung und emotionale Stabilität. Auch wenn noch nicht alle Mechanismen vollständig geklärt sind, spricht vieles dafür, das Mikrobiom als neue Stellschraube in der Behandlung psychischer Erkrankungen ernst zu nehmen.

Rechtlicher Hinweis
Dieser Text dient ausschließlich zu Informationszwecken und ersetzt keine ärztliche Diagnose oder Behandlung. Bei psychischen Beschwerden sollte immer eine medizinische Fachperson konsultiert werden.

Quellen

Dinan, T. G., & Cryan, J. F. (2017). Gut-brain axis and neuropsychiatric disorders. Current Opinion in Clinical Nutrition and Metabolic Care, 20(6), 522–528

Messaoudi, M., et al. (2011). Assessment of psychotropic-like properties of a probiotic formulation (Lactobacillus helveticus R0052 and Bifidobacterium longum R0175). British Journal of Nutrition, 105(5), 755–764

Huang, R., et al. (2016). Efficacy of Probiotics on Depression: A Systematic Review and Meta-Analysis of Randomized Controlled Trials. Nutrients, 8(8), 483

Steenbergen, L., et al. (2015). A randomized controlled trial to test the effect of multispecies probiotics on cognitive reactivity to sad mood. Brain, Behavior, and Immunity, 48, 258–264

Kazemi, A., et al. (2019). Effect of probiotic and prebiotic vs placebo on psychological outcomes in patients with major depressive disorder: A randomized clinical trial. Clinical Nutrition, 38(2), 522–528